Melilla: europäisches Grenzregime tötet weitere 37 Menschen

(français en bas / english below)

Der folgende Text ist eine gemeinsame Erklärung und eine Verurteilung der Ereignisse am 24. Juni 2022 in Melilla, wo hunderte Menschen von Marrokko aus versucht haben, den Grenzzaun nach Melilla zu überwinden. An diesem Tag hat das rassistisch abschottende europäische Grenzregime weitere 37 Menschenleben gekostet, hunderte mehr wurden verletzt. Das folgende Statement wurde von Kollektiven geschrieben, die vor Ort in Melilla für die Verteidigung der Menschenrechte arbeiten. Es soll die Gewalt an den europäischen Aussengrenzen aufzeigen und verurteilen. Seit dem Massaker in Melilla fanden an vielen Orten international Gedenkveranstaltungen statt.

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Update und weiteres Programm von #Wirbleiben in Biel und SoliBiel

In Solidarität mit den Bewohnenden des Rückkehrcamp Bözingen besetzt das Kollektiv «SoliBiel/Bienne» seit der Nacht auf Sonntag das ehemalige Altersheim «Oberes Ried» in Biel. Die Besetzung will zeigen, dass es beispielsweise im «Oberen Ried» Platz hätte, um die Forderung #WirbleibeninBiel umzusetzen (mehr Infos, was bisher gelaufen ist)

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In Solidarität mit #WirbleibeninBiel: Oberes Ried besetzt!

En solidarité avec #NousrestonsàBienne : le Oberes Ried occupé !
In solidarity with #WirbleibeninBiel: Oberes Ried occupied!

français en bas / english below


Das ehemalige Altersheim “Oberes Ried” in Biel wurde besetzt! Kommt alle und zeigt gemeinsam mit den Besetzenden eure Solidarität mit den abgewiesenen asylsuchenden Menschen in Bözingen.

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Soli-Aufruf: “Wir bleiben in Biel“ – Es braucht dringend Häuser, Wohnungen oder einzelne Zimmer

***english below / français ci-dessous***


DE: Heute versammelten sich Aktivist*innen aus dem Nothilfe-Camp Bözingen der Gruppe Stop Isolation und weitere Menschen aus dem Migrant Solidarity Network in Biel, um die Forderung «Wir bleiben in Biel» auf die Strasse zu tragen. In der Aktion heute wurde dem Stadtschreiber der Stadt Biel eine Petition übergeben, in der mit 56 Unterschriften gefordert wird, dass die Bewohnenden des Nothilfe-Camps in Biel bleiben können. Die Petition wurde von „Stop Isolation Bözingen“ – einer Gruppe von Bewohnenden – gestartet und vom Migrant Solidarity Network unterstützt.

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Es ist kein Kapazitätsproblem!

Geflüchtete Menschen aus aller Welt leben jahrelang in der Schweiz und sind gezwungen, jahrelang für ihre Rechte zu kämpfen. Warum sind diese Vorschläge erst jetzt erschienen?
Es lebe die Solidarität mit allen Geflüchteten – ob sie vor Krieg, Verfolgung, absoluter Armut, Prekarität oder Naturkatastrophen fliehen müssen!

70‘000 Franken habt ihr Ende Jahr 2021 für die antirassistische Black-Friday-Aktion gespendet. Damit konnten wir mehr als 380 Menschen ein Halbtax kaufen. Somit konnten wir gemeinsam geflüchteten Menschen mehr Mobilität ermöglichen, welche in Asylcamps und „Rückkehrlager“ seit Jahren isoliert werden. 

Aktuell zeigt sich deutlich: Diese Mobilität wäre, wenn die Bereitschaft bestehen würde, auch so möglich. Das zeigen auch die aktuellen politischen Vorstösse: Während Menschen aus dem globalen Süden für Mobilität kriminalisiert und sogar in den Knast gesteckt werden, wird die Notwendigkeit für Mobilität bei Geflüchteten aus der Ukraine anerkannt. Das ist richtig. Doch rassistisch, wenn es von der Staatsangehörigkeit abhängig ist. 

Die Isolation von geflüchteten Menschen in Lager ist gesellschaftspolitisch gewollt. 

Es ist kein Kapazitätsproblem. Es ist ein Rassimusproblem.

Wir fordern Bewegungsfreiheit für alle Menschen!

Versuch einer Analyse der Situation in Äthiopien

EN: Attempt of an analysis of the situation in Ethiopia

* full english version below *


DE: MSN denunziert jegliche militärische Gewalt und die Tötungen von Zivilist*innen in Äthiopien. MSN verurteilt die sexuelle Gewalt, die Vertreibung, Diebstahl, Diskriminierung, Belästigung und Einschüchterung aller Personen in Tigray, die durch den anhaltenden Konflikt und die Krisen beeinträchtigt werden. Wir lehnen auch die weit verbreitete Gewalt und die Tötungen ab, die sich gegen Nicht-Tigrayer*innen in Äthiopien richten, darunter Amharas, Oromos, eritreische Flüchtlinge in Tigray, sowie Eritreer*innen in Eritrea. Wir sind gegen jede Art von Gewalt und Feindseligkeit, die auf ethnischer, religiöser, geschlechtsspezifischer, politischer, regionaler oder nationaler Identität beruht. Wir unterstützen die gegenseitige Zusammenarbeit, Solidarität und den Frieden zwischen allen Parteien und Menschen in Äthiopien, Eritrea und der breiteren Region am Horn von Afrika.

Wir als MSN fordern:

  • ein sofortiger Ausschaffungsstopp nach Äthiopien
  • die sofortige Auflösung des Rückführungs-Vertrags mit Äthiopien
  • die Öffentlichmachung dieses Vertrags, dessen Inhalt bis anhin geheimgehalten wird
  • Bleiberecht für ALLE Menschen aus Äthiopien in der Schweiz (dabei mindestens eine vorläufige Aufnahme, da eine momentane Rückführung nicht möglich ist. besonders auch für jene Menschen aus Äthiopien, denen der F-Ausweis weggenommen wurde, mit der Begründung, die Lage in Äthiopien sei ok)

Versuch einer Analyse der Situation in Äthiopien von MSN

Primärer Widerspruch
Die Tigrayan People’s Liberation Front (TPLF) vertritt Machtinteressen, welche sich mit der globalen kapitalistischen Hegemonie und dem westlichen Imperialismus decken.

Sekundärer Widerspruch
Die Elite/herrschende Klasse, die Parteiführer und die regionalen Fraktionen, die in den Städten wohnen und herrschen, ringen um die politische Macht im Staat. Die grösstenteils in ländlichen Gebieten in Armut lebende und arbeitende Bevölkerung Äthiopiens hat keine Teilhabe an der Macht. 

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Hungerstreik vor dem SEM in eisiger Kälte

Nazary und Shekib, die seit mehr als 6 Jahren in der Schweiz leben und deren Asylgesuche abgelehnt wurden, machen seit Mittwoch, den 1. Februar 2022 einen Hungerstreik vor dem SEM. Nazary und Shekib haben eine Bewilligung bis am 10. Februar ihren Hungerstreik vor dem SEM durchzuführen. Sie fordern endlich ein Bleiberecht. Dies nicht nur wegen der prekären und rechtlosen Lage in der Schweiz, in der sie seit Jahren stecken, sondern damit sie einen Familiennachzug organisieren können. Ein Ding der Unmöglichkeit ohne legalisierten Status in der Schweiz. Aktuell fordern sie zudem ein humanitäres Visum für ihre Familienangehörigen aus Afghanistan. 

Hungerstreik vor dem SEM aufgrund der Lage als abgewiesene afghanische Geflüchtete in der Schweiz (Januar 2022)
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„Switzerland must urgently confront anti-Black racism“ – so die Kritik an schweizer Behörden von der UNO

Migrant-solidarity-network bei der UNO, Januar 2022

The Working Group of Experts on People of African Descent besuchte Kollektive und NGOs, die sich gegen antischwarzen Rassismus einsetzen. Eine Delegation von MSN, Merkeb M., Negasi S. und Tesfom T. wurden ebenfalls angehört und haben ihre Kritik am Rassismus in den Asyllagern, auf dem Arbeitsmarkt, in der Öffentlichkeit, Schule und die Polizeigewalt thematisiert.

Die Working Group of Experts on People of African Descent hat unter vielen drei Empfehlungen an die Schweizerischen Behörden formuliert, die direkt in Zusammenhang stehen mit dem Wissen der drei Delegierten von MSN:

Beendigung der Straffreiheit für Polizeigewalt gegen Menschen afrikanischer Abstammung und Unterstützung des Zugangs zur Justiz für die Opfer und ihre Familien. Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus, um alle früheren Todesfälle infolge von Polizeieinsätzen, Todesfälle in Gewahrsam und in Asylzentren, polizeiliches Fehlverhalten einschlie sslich rassistisch motivierter Handlungen und Unterlassungen zu untersuchen, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern Wiedergutmachung zu leisten. Die Kantone sollten auch die Erfassung von Daten über Fälle von Racial Profiling, Kontrollen und Durchsuchungen, alle Formen von Polizeigewalt und Rassismus in Betracht ziehen. Ein unabhängiger Beschwerdemechanismus mit Aufsichts- und Disziplinargewalt ist für die Polizei in jedem Kanton notwendig. 


Gesetzliches Verbot von Racial Profiling. 


Dringende Verbesserung der Lebensbedingungen in den Zentren, in denen Asylbewerber ohne Aufenthaltsgenehmigung für die Schweiz untergebracht sind, und Sicherstellung grundlegender Dienstleistungen und des Zugangs zu medizinischer Versorgung. Es sind leider nur Empfehlungen.

Der ganze Bericht der UNO-Expert*innengruppe

copyright: www.humanrights.ch

Ein Hilferuf aus dem Camp Sonnenberg in Vilters St. Gallen

Asylcamp Sonnenberg 2021

Ein Hilferuf gelangte letzte Woche ans Migrant Solidarity Network. Es waren verzweifelte Menschen, die im Nothilfecamp in Sonnenberg in St. Gallen leben müssen. Der Sonnenberg liegt in Vilters-Wangs im Kanton St. Gallen, gut eine Stunde zu Fuss nach Sargans, dem nächsten grösseren Ort. Es leben 80 Menschen im Camp – viel zu viele auf kleinem Raum. 

  • Die Menschen im Camp erhalten kein Geld, sondern ausschliesslich Sachabgaben. Das bedeutet, das Essen wird geliefert zu spezifischen Zeiten: um 7.30 Frühstück, um 12.00 Mittagessen, um 17.00 Uhr Abendessen. Möglichkeiten zum Selberkochen gibt es nicht. Wer die Mahlzeit verpasst, erhält sie erst am nächsten Tag wieder. Gerade für Personen mit Kindern ist diese fixe Essenszeit schwierig. Dazwischen gibt es keinen Zugang zu Lebensmitteln.  
  • Die Personen erhalten die Nothilfe nicht in Geldform. Trotzdem müssen sie für Hygieneprodukte, wie zum Beispiel Binden und Tampons, aber auch Seife und Shampoo (einen Franken) bezahlen. Ein unmöglicher Umstand ohne finanzielle Mittel.
  • Die Türen des Camps schliessen um 22 Uhr. Kommen die Bewohnenden später nach Hause, wird ihnen der Einlass verweigert und sie müssen die Nacht ausserhalb des Camps verbringen.
  • Viele Menschen werden unter diesen Bedingungen psychisch krank. Sie leiden unter Depressionen, Schlafstörungen, Hoffnungslosigkeit. 

Es gibt Personen, die schon seit acht Jahren in der Nothilfe leben müssen und davon schon lange Zeit im Sonnenberg, ohne Selbstbestimmung über ihre Zeit und ohne Geld. Nun regt sich Widerstand. Die Personen im Camp sind nicht mehr bereit unter diesen menschenunwürdigen Bedingungen zu leben. Sie wollen die unhaltbaren Zustände jetzt an die Öffentlichkeit bringen und appellieren an die Solidarität von allen. 

Ein MSN-Aktivist besuchte das Camp und hat über die Zustände ein Video gemacht:

https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=263781878922018&id=100023489117328&sfnsn=mo,

In Polizeigewahrsam an Protestaktion gegen Mario Gattiker

Protest gegen den Ehrendoktortitel an Mario Gattiker, verliehen von der Universität Fribourg

Mario Gattiker erhält von der Universität Freiburg als „Experte des Migrations- und Asylrechts“ den Ehrendoktortitel. Er überzeuge die Rechtswissenschaftliche Fakultät durch die „Kombination von grosser Gestaltungskraft, vertiefter Expertise, Loyalität und einem ausgeprägten Sensorium für die grosse Bedeutung des demokratischen Rechtsstaats.“ Dabei wurde seit 2012 unter seiner Leitung pausenlos Unannehmbares vorangetrieben: (1) Statt das Asylrecht zu stärken, hat er dazu beigetragen, es auszuhölen. (2) Statt ankommende Menschen willkommen zu heissen und ihnen dezentrale Wohnmöglichkeiten und eine Perspektive anzubieten, hat er dazu beigetragen, ein entrechtendes Lagerregime zu errichten und verschiedenste Formen der Freiheitsberaubung gegen Menschen im Asylverfahren eingeführt. (3) Statt nach neuen Formen des Bleiberechts für Nicht-Europäer*innen zu suchen, hat er neue Ausschaffungsdeals abgeschlossen. (4) Statt die Beteiligung der Schweiz an der Abschottung der Festung Europa abzubauen, verteidigt er bis heute Schengen und Dublin. (5) Statt Menschen aus Afghanistan, Syrien, Eritrea, Äthiopien oder aus Moria, Bosnien, Belarus unkompliziert aufzunehmen, verteidigt er die „Das Boot ist voll“-Ideologie der Schweiz und missachtet die Forderungen der Migrationsbewegung in der Schweiz.

Um all diesen Entrechtungen entgegenzutreten und die Annahme dieser Ehre als ehrlos zu entlarven, gingen Personen vom Migrant Solidarity Network, Poya Solidaire und droit de rester, Studierende und weitere Menschen, die sich für die Rechte von und mit geflüchteten Menschen einsetzen, heute an Gattikers Vortrag an der Universität Fribourg. Mit Transparenten machten sie darauf Aufmerksam, dass institutioneller Rassismus bekämpft und nicht honoriert werden muss.

Als die Gruppe die Botschaft sichtbar vor die Fenster der Seminarräume tragen wollte, geschah eine weitere Entrechtung. Ohne Intervention der Universität, die diesen Ehrendoktortitel verleiht, und die Gattiker als Person beschreibt, dem die Grund- und Menschenrechte ein grosses Anliegen seien, wurden (6) zwei Personen vom Migrant Solidarity Network von der Polizei bei der Protestaktion mit Transparenten in Polizeigewahrsam genommen. Gemäss Aussage des leitenden Polizisten, hatte die Polizei von der Universität selbst den Auftrag erhalten, solche Äusserungen von Kritik zu verhindern. Die festgenommenen Personen wurden am späten Abend wieder freigelassen.

Ein letztes Mal hat Gattiker sich in den Augen der Migrationsbewegung entehrt. Und die Universität Fribourg sollte den „Institutionellen Rassismus kritisieren, nicht promovieren“!