Heute Mittag demonstrierten abgewiesene Iraner*innen zum vierten Mal vor dem Staatssekretariat für Migration (SEM) in Bern. Die Gruppe Empathie und Einheit und das Migrant Solidarity Network haben den Protest organisiert. Sie fordern einen sofortigen Ausschaffungsstopp und die längst überfällige Entschärfung der Iran-Asylpraxis.

Die Lage im Iran ist bekanntlich schlecht. Nun wird das Land zudem von der israelischen Armee angegriffen. Viele IranerInnen befinden sich auf der Flucht, um sich zu schützen. Doch trotz systematischer Gewalt und Diskriminierungen gegen Frauen und Minderheiten im Iran, trotz staatlicher Repression und Verfolgung sowie Hinrichtungen von politischen Gegnerinnen des Mullah-Regimes und trotz den israelischen Bombardierungen bleibt die Schutzquote für Iranerinnen konstant unter 50%. In der Schweiz wird seit Jahren mehr als jedes zweite Schutzgesuch von Iranerinnen abgelehnt. 2024 lag Anerkennungsquote bei 20,1%, die Schutzquote bei 38,7% (vgl. SFH). Schutzquoten für Personen, die vor anderen autoritären Regimen flohen, liegen deutlich höher.
Gerade kam der aktuelle Länderbericht 2024 von Amnesty zu Iran heraus. Einleitend steht:
Die Behörden unterdrückten die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit immer stärker. Frauen und Mädchen, lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI) sowie Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten litten unter systemischer Diskriminierung und Gewalt. Die Behörden verschärften ihr Vorgehen gegen Frauen, die sich dem gesetzlichen Kopftuchzwang widersetzten. Auch Angehörige der Baha’i sowie afghanische Geflüchtete und Migrantinnen gerieten verstärkt ins Visier.

Tausende Menschen wurden willkürlich inhaftiert, verhört, schikaniert und zu Unrecht strafrechtlich verfolgt, weil sie ihre Menschenrechte wahrgenommen hatten. Gerichtsverfahren verstiessen weiterhin regelmässig gegen internationale Standards. Verschwindenlassen sowie Folter und andere Misshandlungen waren auch 2024 an der Tagesordnung und kamen systematisch zur Anwendung. Die Behörden vollstreckten grausame und unmenschliche Strafen wie Auspeitschungen und Amputationen und verhängten willkürliche Todesurteile, vornehmlich gegen Angehörige ethnischer Minderheiten und Migrantinnen. Die im Zusammenhang mit den Gefängnismassakern im Jahr 1988 verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere fortgesetzte völkerrechtliche Verbrechen blieben nach wie vor straflos.

Rede MSN
Heute hat das SEM eine Antwort auf die Frage der Gruppe Empathie und Einheit, ob ein Verantwortlicher des SEM hier zu uns kommen könne und zuhören. Der Sprecher des SEM, Herr Bach, schrieb in der Mail: «Sie haben vom SEM ja schon Antworten auf Ihre Fragen erhalten und wurden auch schon empfangen und angehört. Wir verzichten deshalb morgen auf ein direktes Gespräch.» Herr Bach, SEM, zwischen dem letzten Mal und gestern, als sie diese Mail geschrieben haben, hat Israel den Iran angegriffen. Teilweise gezielt, teilweise random. Es fielen und fallen Bomben. Häuser in Teheran sind zerstört, Zivilistinnen gestorben unter Schutt und Asche erstickt. Die Menschen aus Teheran fliehen, wenn sie können. Im Iran herrscht Krieg.
Die Antwort, sie hätten ja schon letztes Mal auf die Fragen geantwortet erscheint dem Migrant Solidarity Network nicht der Lage im Iran angemessen. Das ist sowieso das, was wir seit den Ausbrüchen der Revolution im Jahr 2022 aber auch schon früher immer wieder argumentieren. Angesichts des neuesten Berichts von Amnesty und den neuesten Entwicklungen im Iran:

Ihre Lagebeurteilung zur Situation hinkt! Trotz systematischer Gewalt und Diskriminierungen gegen Frauen und Minderheiten im Iran, trotz staatlicher Repression, Verfolgung und Hinrichtungen von politischen Gegnerinnen des Mullah-Regimes und trotz den israelischen Bombardierungen bleibt die Schutzquote für Iranerinnen konstant unter 50%. In der Schweiz wird seit Jahren mehr als jedes zweite Schutzgesuch von Iranerinnen abgelehnt. 2024 lag Anerkennungsquote bei 20,1%, die Schutzquote bei 38,7% (vgl. SFH ). Denn Schutzquoten für Personen, die vor anderen autoritären Regimen flohen, liegen deutlich höher (vgl. statista). «Bei Iranerinnen wird die Messlatte für einen positiven Asylentscheid oder eine vorläufige Aufnahme zu hoch angesetzt»
Aus aktuellem Anlass – Herr Bach – oder SEM – können sie diese Schutzquoten nun anpassen. Angesichts des Krieges in Iran, angesichts der Zustände der systematischen Gewalt des Mullah-Regimes, angesichts der unzumutbaren Lebenssituation iranischer Geflüchteter in der Schweiz – hätten sie hier rauskommen können. Wir werden ihnen weiter Forderungen stellen. Sie werden weiter Fragen beantworten müssen. Sie werden ihre Praxis zu Iran weiterhin überdenken müssen. Und sie werden sie ändern – weil diese Proteste hier werden weiterhin stattfinden angesichts des Leids und der Ugnerechtigkeit!
