Die Berner Sicherheitsdirektion will die Rückführung von Osman Oztürk in die Türkei forcieren. Seit dem 23. Mai befindet sich Osman Öztürk im Hungerstreik. Die bernischen Organisationen Migrant Solidarity Network und augenauf sind alarmiert und kritisieren die drohende Ausschaffung. In der Türkei droht Öztürk unmenschliche Behandlung und Folter.
Osman Öztürk befindet sich in Moutier in Administrativhaft. Die Berner Sicherheitsdirektion bereitet seine unfreiwillige Rückkehr in die Türkei vor. Osman schreibt aus der Gefangenschaft dieses Statement:
Hallo zusammen. Ich bin Osman Öztürk.
Mein Asylantrag wurde dreimal abgelehnt. Ich bin seit Januar in Ausschaffungshaft.
Seit dem 23. Mai befinde ich mich im Hungerstreik. Ich will mit einer verantwortlichen Person reden, die mir sagt, warum sie mich in die Türkei ausschaffen, wo ich direkt ins Gefängnis kommen werde. Die Schweiz soll keine Menschen in die Türkei abschieben, wenn klar ist, dass ihnen ein politischer Prozess droht. Ich werde nicht damit aufhören, bis ich eine Antwort bekomme!
Es geht mir einigermassen gut, abgesehen vom Schwindel, Kopfweh und dass mir ab und zu schwarz wird vor Augen. Nach drei Tagen Hungerstreik war mir schlecht und ich musste kotzen, sie haben mir Medikamente dagegen gegeben, ich vermute, dass es Vitamine waren. Ich habe nach einer Psychologin gefragt, was bisher ignoriert wurde.
Osman Öztürk
Als 16-Jähriger sollte Osman Öztürk Spitzel für die türkische Behörde werden und andere kurdischen Menschen denunzieren – er lehnte ab. Ab da wurde er öffentlich angefeindet und konsequent verfolgt und erniedrigt. Der Kurde erlebte immer wieder psychische und physische Gewalt sowie politische Verfolgung. Osman Öztürk war neunzehn Jahre alt, als er im Juni 2020 das Dorf, in dem er aufgewachsen ist, verlässt.
Heute droht Osman Öztürks die Abschiebung. Sein Asylgesuch wurde abgelehnt, weil das Staatssekretariat für Migration seine Asylgründe als unglaubwürdig und unzureichend einstuft: «Insgesamt erfüllt die von Ihnen dargelegten Strassenkontrollen und die Festnahme im Rahmen einer Razzia nicht die für Asylgewährung erforderliche Intensität.»
«Wie intensiv müssen Menschen den erniedrigt, bedroht und geschlagen werden, damit es für das SEM intensiv genug ist?»
augenauf
Osman Öztürk befürchtet, dass er in die Türkei verhaftet oder sogar umgebracht würde. Doch das wird vom SEM lapidar abgetan: «Eine bloss entfernte Möglichkeit künftiger Verfolgung genügt nicht; es müssen konkrete Indizien vorliegen…» Osman Öztürk reichte beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen den Asylentscheid ein. Doch diese wurde abgewiesen.
Im April 2022 reicht Osman Öztürk erneut ein Asylgesuch mit neuen Beweisen ein. Darunter befinden sich Anklageschriften aus der Türkei, die seine Festnahme fordern. Der Grund: Beleidigung des türkischen Präsidenten und Verteidigungsministers. In der Begründung der erneuten Ablehnung des Gesuchs im März 2023 schreibt das SEM dazu: «Auch wenn es sich bei den Klägern um streitbare Persönlichkeiten der türkischen Politik handeln mag, so bewegen sich Ihre Äusserungen auf den sozialen Medien nach Auffassung des SEM mehrheitlich ausserhalb der Meinungsäusserungsfreiheit. Deshalb ist die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens als rechtsstaatlich legitim zu erachten. Sowohl Amnesty International wie auch der UN Special Rapporteur on the promotion and protection of the right to freedom of opinion and expression sind da anderer Meinung. Ein vergleichbarer Fall wird aktuell vor dem EGMR verhandelt.
«Unverständlich! Die türkische Regierung instrumentalisieren das Rechtssystem zur Repression dissidenter Stimmen. Trotzdem soll Osman Öztürk nun genau diesem System ausgeliefert werden.»
Migrant Solidarity Network
Ausführliche Dokumentation des Falls von augenauf:
https://augenauf.ch/aktivitaeten/205-solidaritaet-mit-osman-oeztuerk.html