#WirbleibeninBiel: Reaktionen auf die Besetzung des «Oberen Ried»

Français///English///Seit Sonntag ist in Biel das leerstehende Altersheims „Oberes Ried“ vom Kollektiv «SoliBiel/Bienne» besetzt. Die Aktion macht darauf aufmerksam, dass es durchaus Wohnraum gäbe in der Stadt, um für die Menschen des Rückkehrcamps Bözingen eine menschengerechte Wohnperspektive für ein selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Wer sagt bisher was?

Biel: Solidarisch oder unsolidarisch?

In Biel wehren sich abgewiesene Geflüchtete der Gruppe «Stop Isolation Bözingen» gemeinsam mit dem Migrant Solidarity Network und lokalen Soli-Initiativen. Als #WirbleibeninBiel leisten sie seit Monaten Widerstand dagegen, dass Geflüchtete des Rückkehrcamps Bözingen aus der Stadt Biel verdrängt und aus ihren sozialen Netzen herausgerissen werden. Von der Stadt Biel wird gefordert, dass sie geeignete Gebäude für eine Kollektivprivatunterkunft zur Verfügung stellt.

Die Frage ist nun: Wagt die städtische Politik Biels einen Schritt in Richtung einer solidarischen Stadt?

Migrant Solidarity Network
Seebrücke Schweiz startet eine Petition für #WirbleibeninBiel: Die stadt Biel und der Kanton Bern sollen eine menschenwürdige und selbstbestimmte Kollektivprivatunterkunft – z.B. im “Oberen Ried” – ermöglichen.

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Die Gemeinderätin Glenda Gonzalez Bassi ist als Vorsteherin der Direktion Bildung, Kultur und Sport für die Liegenschaft «Oberes Ried» zuständig und war am Sonntag vor Ort. Persönlich habe sie Verständnis für das Anliegen, doch grundsätzlich sei eine Besetzung der falsche Weg. Sie wolle nochmals mit dem Gemeinderat sprechen, bevor sie über repressive Polizeiaktionen entschliesse.

Der Gemeinderat Beat Feurer ist als Sozial-und Sicherheitsdirektor für Fragen im Asylbereich zuständig. Die Besetzung findet er nicht «geschickt». Seine Meinung scheint bereits länger gemacht. Während er das «Obere Ried» seit Wochen dem Kanton für Ukrainer*innen zur Verfügung stellt, behauptet er nun gegenüber Ajour.ch, das ehemalige Altersheim sei ausschliesslich bestimmt «für ältere Personen und benachteilige Kinder und kann daher nicht für abgewiesene Asylsuchende, die die Schweiz verlassen müssen, zur Verfügung gestellt werden».

Philippe Müller ist als Regierungsrat und Sicherheitsdirektor verantwortlich für die problematischen Entwicklungen im Berner Asylregime. Er hält an den Zwangstransfers der abgewiesenen Asylsuchenden ins Rückkehrcamp Gampelen fest, obwohl die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) in ihrem Bericht explizit davon abrät, dort weitere Personen unterzubringen.

Die schweizweite Organisation «Solidarité sans frontières» solidarisiert sich in einer Stellungnahme: «Schon seit Jahren sagen wir – Sosf und die Gruppen der Asylbewegung – dass es Platz gibt und dass die beschämende Unterbringung der geflüchteten Personen weder zwingend noch schicksalshaft ist. Es gibt wirklich genug leerstehende Gebäude, um die Menschen anständig unterzubringen. Mit der Besetzung will die Gruppe eine solche Lösung aufzeigen. Solidarité sans frontières unterstützt sie weitgehend in ihren Forderungen».

Die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht kritisiert Kanton Bern und fordert ihn auf Empfehlungen der NKVF umzusetzen. Das heisst aktuell kein Transfer nach Gampelen!

Amnesty Schweiz sagt: “Die Kommission zur Verhütung von Folter #NKVF hat die besorgniserregenden Zustände in Nothilfeunterkünften im Kanton Bern kritisiert. Doch statt die Unterkünfte zu verbessern, schliesst der Kanton ein Zentrum und verlegt die Menschen ins RZB Gampelen. (…) Dies obwohl die #NKVF in ihrem Bericht schreibt, die Belegung im Rückkehrzentrum Gampelen zu erhöhen, würde die bereits bei aktueller Belegung kritische Situation zusätzlich verschlechtern und wäre (…) in jedem Fall unzumutbar.”

Der Bieler Verein «Alle Menschen» zeigt sich leider unsolidarisch und distanziert sich öffentlich: «Wir wussten nichts davon und verstehen nicht, für wen sie nützlich sein soll».

Solidarität im Quartier

Was schreiben die Medien?

WOZ | Le Courrier | Bund

Ajour.ch | Canal 3 | Tele Bilingue | Radio Kompliza

Unsere Meinung als Migrant Solidarity Network

  • In Biel zeigt sich die Ungleichbehandlung zwischen Geflüchteten beispielhaft: Solidarisch proaktiv Plätze freihalten für die noch kommenden „würdigen“, um die „unwürdigen“ unsolidarisch isolieren zu können. Der institutionelle Rassismus kommt von oben und ist unerträglich ungerecht unrecht. Niemand fühlt sich zuständig, doch es leiden systematisch dieselben !
  • In Biel bietet sich nach wie vor eine grossartige Chance: Die Stadt und ihre Bewohner*innen haben die Möglichkeit aufzuzeigen, dass Migrationspolitik auch ganz anders gemacht werden kann. Die Errichtung einer selbstverwalteten, kollektiven Form der Privatunterbringung für geflüchtete Menschen im ehemaligen Altersheim «Oberes Ried» würde die einmalige Gelegenheit bieten, einerseits geflüchteten Menschen eine menschengerechte Wohnperspektive für ein selbstbestimmtes Leben zu gewähren, und andererseits einen solidarischen Ort in der Stadt zu schaffen, an dem nicht die Herkunft, sondern die Präsenz, der Lebensmittelpunkt und die gemeinsame Zukunft im Zentrum stehen.

Good to know

  • Aktuelle Infos gibt es hier: https://migrant-solidarity-network.ch/category/wirbleibeninbiel
  • Hintergrundinformationen bietet die Broschüre «Wir bleiben in Biel»
  • «Stop Isolation Bözingen» ist eine Gruppe von abgewiesenen Asylsuchenden, die im Rückkehrcamp Bözingen leben oder bis vor kurzem lebten.
  • «SoliBiel/Bienne» ist ein Kollektiv, das das ehemalige Altersheim «Oberes Ried» besetzt, als spezifischen Beitrag an die Bewegung #WirbleibeninBiel.
  • «Wir alle sind Biel» ist eine Bewegung, getragen von verschiedenen Kollektiven und engagierten Einzelpersonen.
  • Migrant Solidarity Network ist ein Netzwerk von geflüchteten und nicht-geflüchteten Migrant*innen und Nicht-Migrant*innen und ihren Organisationen.

#WebleibeninBiel: Reactions to the occupation of the “Oberes Ried”.

Since Sunday, the empty retirement home “Oberes Ried” in Biel has been occupied by the collective “SoliBiel/Bienne”. The action draws attention to the fact that there is certainly living space in the city to create a humane housing perspective for a self-determined life for the people of the return camp Bözingen. Who says what?

In Biel, rejected refugees from the group “Stop Isolation Bözingen” are resisting together with the Migrant Solidarity Network and local solidarity initiatives. As #WirbleibeninBiel, they have been fighting for months against the fact that refugees from the Bözingen return camp are being pushed out of the city of Biel and torn out of their social networks. They demand from the city of Biel to provide suitable buildings for a collective private accommodation.

The question now is: Does the municipal policy of Biel dare to take a step towards a solidary city?

Migrant Solidarity Network

The local councilor Glenda Gonzalez Bassi (PSR) is responsible for the property “Oberes Ried” as head of the directorate for education, culture and sports and was on site on Sunday. Personally, she has sympathy for the concern, but basically an occupation is the wrong way. She wanted to talk again with the council before deciding on repressive police action.

The local councilor Beat Feurer (SVP) is responsible as social and security director for questions in the asylum area. He does not find the occupation “clever”. His opinion seems to have been made for long ago. While he has been making the “Obere Ried” available to the canton for Ukrainians for weeks, he now claims to Ajour.ch that the former old people’s home is exclusively intended “for elderly people and disadvantaged children and therefore cannot be made available for rejected asylum seekers who have to leave Switzerland”.

Philippe Müller, as a member of the government and security director, is responsible for the problematic developments in Bern’s asylum regime. He maintains the forced transfers of rejected asylum seekers to the Gampelen return camp, although the National Commission for the Prevention of Torture (NKVF) explicitly advises against housing further persons there in its report.

The Swiss-wide organization “Solidarité sans frontières” expresses its solidarity in a statement: “For years we – Sosf and the groups of the asylum movement – have been saying that there is room and that the shameful accommodation of the refugees is neither compelling nor fateful. There are really enough vacant buildings to house people decently. With the occupation, the group wants to show such a solution. Solidarité sans frontières largely supports them in their demands.”

Unfortunately, the Biel association “Alle Menschen” shows no solidarity and distances itself publicly: “We did not know anything about it and do not understand for whom it should be useful”.

What do the media write?

Interim conclusion from the MSN

In Biel, the unequal treatment between refugees is exemplary: solidary proactively keep places free for the still coming “worthy” to be able to isolate the “unworthy” in an unsolidary way. Institutional racism comes from above and is unbearably unjust. Nobody feels responsible, but systematically the same suffer !
In Biel, there is still a great opportunity: the city and its inhabitants have the possibility to show that migration policy can also be done quite differently. The establishment of a self-managed, collective form of private accommodation for refugees in the former old people’s home “Oberes Ried” would offer the unique opportunity, on the one hand, to grant refugees a humane housing perspective for a self-determined life, and on the other hand, to create a place of solidarity in the city, where not the origin, but the presence, the center of life and the common future are in the center.

Good to know


WebleibeninBiel : Réactions à l’occupation de l'”Oberes Ried”.

Depuis dimanche, la maison de retraite vide “Oberes Ried” à Bienne est occupée par le collectif “SoliBiel/Bienne”. L’action attire l’attention sur le fait qu’il existe certainement un espace de vie dans la ville pour créer une perspective de logement humaine pour une vie autodéterminée pour les personnes du camp de retour de Bözingen. Qui dit quoi ?

À Bienne, les réfugiés déboutés du groupe “Stop Isolation Bözingen” luttent avec le Réseau de solidarité avec les migrants et les initiatives de solidarité locales. Sous le nom de #WirbleibeninBiel, ils se battent depuis des mois contre le fait que les réfugiés du camp de retour de Bözingen sont poussés hors de la ville de Bienne et arrachés de leurs réseaux sociaux. Ils exigent de la ville de Bienne qu’elle mette à disposition des bâtiments appropriés pour un hébergement collectif privé.

La question qui se pose maintenant est la suivante : La politique municipale de Bienne ose-t-elle faire un pas vers une ville solidaire ?

La conseillère communale Glenda Gonzalez Bassi (PSR) est responsable de la propriété “Oberes Ried” en tant que responsable de la direction de l’éducation, de la culture et des sports et était sur place dimanche. Personnellement, elle a de la sympathie pour la préoccupation, mais fondamentalement, une occupation serait un mauvais moyen. Elle souhaite discuter à nouveau avec le conseil municipal avant de décider d’une action policière répressive.

Le conseiller communal Beat Feurer (UDC) est responsable, en tant que directeur des affaires sociales et de la sécurité, des questions relatives à la zone d’asile. Il ne trouve pas l’occupation “intelligente”. Son opinion semble être faite depuis longtemps. Alors qu’il met depuis des semaines l'”Obere Ried” à la disposition du canton pour les Ukrainiens, il affirme maintenant à Ajour.ch que l’ancienne maison de retraite est exclusivement destinée “aux personnes âgées et aux enfants défavorisés et ne peut donc pas être mise à disposition des requérants d’asile déboutés qui doivent quitter la Suisse”.

Philippe Müller, en tant que membre du gouvernement et directeur de la sécurité, est responsable de l’évolution problématique du régime d’asile bernois. Il maintient les transferts forcés de demandeurs d’asile déboutés vers le camp de retour de Gampelen, bien que la Commission nationale pour la prévention de la torture (CNPT) déconseille explicitement dans son rapport d’y loger davantage de personnes.

L’organisation suisse “Solidarité sans frontières” exprime sa solidarité dans une déclaration : “Depuis des années, nous – Sosf et les groupes du mouvement de l’asile – disons qu’il y a de la place et que l’hébergement honteux des réfugiés n’est ni impérieux ni funeste. Il y a vraiment assez de bâtiments vacants pour loger décemment les gens. Avec l’occupation, le groupe veut montrer une telle solution. Solidarité sans frontières les soutient largement dans leurs revendications.”

Malheureusement, l’association biennoise “Alle Menschen” ne montre aucune solidarité et prend publiquement ses distances : “Nous n’en savions rien et ne comprenons pas pour qui cela devrait être utile”.

Qu’écrivent les médias ?

  • Ajour.ch (paywall) : https://ajour.ch/story/ehemaliges-altersheim-das-haus-bleibt-besetzt-und-die-stadt-h%C3%A4lt-sich-zur%C3%Bcck/15720 En français.
  • Canal 3 : https://web.canal3.ch/de/sendungen/220620-kollektiv-solibielbienne-besetzt-ehemaliges-altersheim-oberes-ried
  • Tele Bilingue : https://www.youtube.com/watch?v=wqy_FfJfkT0

Conclusion provisoire du MSN

  • A Bienne, l’inégalité de traitement entre réfugiés est exemplaire : les solidaires gardent proactivement des places libres pour les “dignes” encore à venir afin de pouvoir isoler les “indignes” de manière non solidaire. Le racisme institutionnel vient d’en haut et est insupportablement injuste. Personne ne se sent responsable, mais systématiquement les mêmes souffrent !
  • A Bienne, il y a encore une grande chance : la ville et ses habitants ont la possibilité de montrer que la politique migratoire peut aussi se faire tout autrement. La mise en place d’une forme collective autogérée d’hébergement privé pour les réfugiés dans l’ancienne maison de retraite “Oberes Ried” offrirait l’occasion unique, d’une part, d’accorder aux réfugiés une perspective de logement humaine pour une vie autodéterminée, et d’autre part, de créer un lieu de solidarité dans la ville, où se trouvent non pas l’origine, mais la présence, le centre de vie et l’avenir commun.

Bon à savoir

  • Les informations actuelles sont disponibles ici : https://migrant-solidarity-network.ch/category/wirbleibeninbiel
  • Vous trouverez des informations de fond dans la brochure “Nous resterons à Bienne”.
    https://migrant-solidarity-network.ch/wp-content/uploads/2022/06/Broschu%E2%95%A0ere-Wir-bleiben-in-Biel-Doppelseiten.pdf
  • “WirbleibeninBiel” un mouvement porté par différents collectifs et personnes engagées.
    Le Réseau de solidarité des migrants est un réseau de migrants et de non-migrants réfugiés et non réfugiés et leurs organisations.
  • “Stop Isolation Bözingen” est un groupe de demandeurs d’asile déboutés qui vivent ou vivaient jusqu’à récemment dans le camp de retour de Bözingen.
  • “SoliBiel/Bienne” est un collectif qui occupe l’ancienne maison de retraite “Oberes Ried” comme contribution spécifique au mouvement #WirbleibeninBiel