Wir bleiben in Biel: Aktion vor dem Bieler Parlament

DE: Der Bieler Gemeinderat hat auf die Forderung “Wir bleiben in Biel” enttäuschend geantwortet. Nun ist das Parlament der Stadt Biel gefragt. Aktivist*innen von Stop Isolation Bözingen, Migrant Solidarty Network und solidarische Bieler*innen richteten sich heute an die Stadträt*innen. Für ein selbstbestimmten neuen Wohnort hätte es in Biel Platz… z.B. im leerstehenden ehemaligen Altersheim «Oberes Ried».

EN: The Biel City Council has given a disappointing answer to the demand “We stay in Biel”. Now it is up to the parliament of the city of Biel. Today activists from Stop Isolation Bözingen, Migrant Solidarty Network and solidary Bieler*innen addressed the city councilors.

FR: Le Conseil Communal de Bienne a répondu de manière décevante à la revendication “Nous restons à Bienne”. C’est maintenant au parlement de la ville de Bienne de se prononcer. Aujourd’hui, des activistes de Stop Isolation Boujean, Migrant Solidarty Network et des Biennoises solidaires se sont adressés au Parlement.

Das Rückkehrcamp Bözingen schliesst im Juli. Der Entscheid des Bieler Gemeinderates war richtig, doch ging nicht weit genug. Die Verhältnisse im Containercamp sind menschenunwürdig. Nun braucht es einen neuen Ort in Biel, z.B. im leerstehenden Altersheim «Oberes Ried». Dort könnte eine kollektive Privatunterkunft entstehen – mit Selbstbestimmung und Privatsphäre für die Bewohnenden.

«Mitte April wurden wir gegen unseren Willen nach Enggistein transferiert. Nach den zahlreichen Transfers der letzten Jahre, war es für viele von uns einer zu viel. Die ständige Unsicherheit macht Familien psychisch kaputt. Der Ort ist weit weg von allem, was wir brauchen. Klar, wir hatten Kritik an den Wohncontainern in Bözingen, doch in der Stadt Biel fühlten wir uns wohl. Unsere Kinder gingen in Biel zur Schule und fanden in Biel ein Zuhause»

TN, wohnhaft im Rückkehrcamp Enggistein

Im Rückkehrcamp Bözingen leben noch rund 50 alleinstehende Männer und Familien mit französisch eingeschulten Kindern. Ihnen droht die Isolation im berüchtigten Rückkehrcamp Gampelen, weit ausserhalb, irgendwo verloren im Grossen Moos.

«Es ist nicht so, dass wir es gut finden, mit 8 Franken pro Tag in Containern zu leben. Es hat in meinem Zimmer früher getropft, wenn es geregnet hat. Es ist im Winter kalt und im Sommer heiss. Es hat zu wenig Toiletten, es sind zu viele Leute, es ist eng hier. Ich setze mich nicht ein für das Camp in Bözingen, weil es so gut ist. Aber ich kämpfe darum, in Biel zu bleiben, weil ich sonst noch grössere Schwierigkeiten habe. In Biel können wir uns bewegen ohne Geld für Bustickets zu brauchen. Hier können wir das wenige Geld brauchen, um Lebensmittel einzukaufen. Hier sind wir einige unter anderen, wenn wir durch die Strassen laufen. In Gampelen sind wir die «Abgewiesenen». Für uns ist die Anonymität der Stadt gut. Wir kennen Biel. Wir haben kein zu Hause. Aber wir haben in den Strassen Biels manchmal ein wenig Ruhe und Frieden.»

H von Stop Isolation Bözingen

Der Kanton hat kein Verständnis für die Bewohnenden und die Forderung «Wir bleiben in Biel». Der zuständige Regierungsrat Philippe Müller äussert sich herablassend.

«Zuerst anprangern, wie «menschenunwürdig» es dort sei und dann, wenn man dort Platz braucht für Ukraine Flüchtlinge: Weigert man sich zu gehen! Ein Paradebeispiel, wie NGOs, Migrant Solidarity Network, Grüne Schweiz, SP Schweiz und Co. die abgewiesenen Asylsuchenden instrumentalisieren»

Philippe Müller, Regierungsrat, Twitter, 26. März 2022

Der Bieler Gemeinderat reagiert bisher unsolidarisch und versteckt sich hinter Paragrafen. Petitionen, Demonstrationen, (Medien-)Berichte haben ihn nicht bewegt. Es braucht mehr Druck. Das Bieler Parlament könnte helfen, die Situation zu deblockieren.

«Die entsprechende Verantwortung liegt nicht bei der Stadt Biel, wobei diese gerne bereit ist, den Kanton auf dessen Wunsch und Ersuchen nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen»

Bieler Gemeinderat, Antwort auf Petitionen, 18. Mai 2022

Der Gemeinderat verschleiert seine bestehenden Handlungsspielräume. In Biel hätte es Platz… z.B. im leerstehenden ehemaligen Altersheim «Oberes Ried».

«So funktioniert institutioneller Rassismus. Niemand fühlt sich zuständig, doch es leiden systematisch dieselben! Für geflüchtete Ukrainerinnen fand der Gemeinderat proaktiv fast 1000 Plätze zum Wohnen. Auch das leerstehende Altersheim ‹Oberes Ried› wollte der Gemeinderat für Menschen aus der Ukraine öffnen. Aufgrund von Behördenentscheiden kommen nun weniger Ukrainerinnen nach Biel als erwartet. Es hätte also Platz, um den entwürdigenden Transfer – weg von Biel – zu verhindern»

Migrant Solidarity Network, Kommentar der Gemeinderatantwort, 26. Mai 2022