Heute fand eine Gedenkkundgebung an Massoud Quadiri vor dem Staatssekretariat für Migration (SEM) statt. Der geflüchtete Kurde aus dem Iran nahm sich am 22. August das Leben. Die Behörden nehmen Selbstmorde kalt in Kauf. Die Kundgebung will die Wut über die mörderische Asylpolitik zeigen und die Trauer über Massouds Tod ausdrücken. „Wir sagen nein zu Entrechtung und Isolation, die Menschen in den Tod treibt!“ Das sagen die kurdischen Geflüchteten aus dem Iran und das Migrant Solidarity Network, die zur Kundgebung aufrufen.
Sie stellen dem SEM folgende Fragen:
– Inwiefern übernimmt das SEM Verantwortung für die Selbstmorde sowie die gesundheitlichen, existentiellen Folgen eines negativen Asylentscheides für abgewiesene Geflüchtete?
– Was tut das SEM, um Selbstmorde von Menschen mit einem negativen Asylentscheid zu verhindern?
– Was unternimmt das SEM, um die Würde, den Respekt und die Gleichberechtigung von Menschen mit Negativentscheid sicherzustellen.Sie haben ein Recht wie Menschen behandelt zu werden?
Angehörige und gute Freund*innen haben mit dem Migrant Solidarity Network gesprochen. Hier findet sich ihre Geschichte von Massoud.
Massouds Asylgesuch wurde am 28. Mai2020 abgelehnt, weil die Behörden seine Fluchtgründe als unglaubwürdig einstuften. Angehörige und nahe Freund*innen sagen: „Das hat ihn fertig gemacht“. Noch am Tag als ihm der Negativentscheid eröffnet wurde, beging er einen ersten Suizidversuch. Als abgewiesener Geflüchteter erhielt er ihm Anschluss kaum psychologische Betreuung. Nach seinem Selbstmordversuch musste er zwei Monate auf seine erste Therapiesitzung warten und in den Monaten bis zu seinem Tod hatte er nur Zugang zu nur drei Therapiesitzungen.
Geflüchtete Menschen mit einem Negativentscheid stehen in der Schweiz unter der ständigen Angst, ausgeschafft zu werden. Auch über Massoud Quadiri stand die ständige Bedrohung einer Ausschaffung, welche sein Leben in grosse Gefahr gebracht hätte. Laut Angehörigen hatte Massoud „panische Angst vor einer Ausschaffung“. Denn als Kurde gilt er im Iran nicht als gleichberechtigter Bürger. Für das Regime ist er eine Person 3. Klasse. Kurdische Schulen sind verboten. In der Schule wird nur Farsi gelernt statt ihre Muttersprache und es gibt kaum Zugang zu staatlichen Stellen für Kurd*innen. Kurd*innen sind im Iran machtlos. Am extremsten zeigt sich die Unterdrückung der Kurd*innen an den vielen Hinrichtungen. Das sind die Gründe, warum viele Kurd*innen wie Massoud den Iran verlassen.
Massoud kritisierte das Regime und benannte die Diskriminierung und Unterdrückung der Kurd*innen im Iran und stand deshalb ständig unter Druck. Schliesslich erhielt er vom Regime einen total verhältnislosen Haftbefehl. Diesen hat er dem SEM als Beweisstück abgegeben, dennoch glauben sie ihm nicht. Andere Kurd*innen mit demselben Haftbefehl verschwanden spurlos oder wurden hingerichtet. Viele wurden vorher gefoltert und zu Falschaussagen gegen andere oder über das kurdische Volk gezwungen. Weitere wurden vergewaltigt oder zum Selbstmord gebracht. Trotz all dieser Grausamkeiten, die Massoud gedroht hätten, hat das SEM seinen Asylantrag kaltherzig abgelehnt und wollte ihn zurück in den Iran ausschaffen. Angesichts der systematischen Menschenrechtsverletzungen durch das Iranische Regime hätten alle Geflüchteten aus dem Iran mindestens Anrecht auf eine vorläufige humanitäre Aufnahme.
Zwei Wochen vor seinem Tod, erhielt Massoud weitere Informationen, die seine unsichere Situation verschärften und zusätzlichen Stress generierten. Massoud nahm an, dass das SEM seine Dokumente einem iranischen Anwalt in Genf geschickt habe. Dieser solle dem SEM eine Einschätzung zu seinen Dokumenten abgeben. Massoud hatte erfahren, dass Hinweise bestünden, dass dieser Anwalt nicht nur für das SEM, sondern auch für das Iranische Regime arbeite. Das hat Massoud die letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit genommen. An einen positiven Bescheid des Bundesverwaltungsgerichts auf seine noch offene Beschwerde glaubte er fortan nicht mehr.
Das alles sind Gründe, die Massoud zum Entscheid kommen liessen, sich das Leben zu nehmen. Das Schweizer Migrationsregime und allen voran das SEM sind durch ihre unmenschliche Politik und Praxis mitverantwortlich für den Tod von Massoud. Angehörige Freund*innen von Massoud sowie das Migrant Solidarity Network richten heute folgende Fragen an das SEM:
1. Inwiefern übernimmt das SEM Verantwortung für die Selbstmorde sowie die gesundheitlichen, existentiellen Folgen eines negativen Asylentscheides für abgewiesene Geflüchtete? 2. Was tut das SEM um Selbstmorde von Menschen mit einem negativen Asylentscheid zu verhindern? 3. Was unternimmt das SEM, um die Würde, den Respekt und die Gleichberechtigung von Menschen mit Negativentscheid sicherzustellen.Sie haben ein Recht wie Menschen behandelt zu werden.