Gegenüber anderen so einladend und selbst nirgends willkommen – Ein Blick in das alltägliche Leben einer Gruppe von Menschen auf der Flucht

Viele Menschen auf der Flucht, die in Bihać blockiert sind, haben keinen Ort, wo sie wohnen können und besetzen deshalb Ruinen oder kleine Schuppen, wie diesen hier.

EN: So welcoming towards others and nowhere really welcome themselves – A look into the daily life of a group of People on the move

FR: Si accueillant envers les autres et ne s’accueillant vraiment nulle part – Un regard sur la vie quotidienne d’un groupe de personnes en fuite

(DE / EN / FR)


DE: „Einige hundert Meter von der Besetzung entfernt sah ich ein paar Männer neben einem kleinen Feuer kauern. Ich ging zu ihnen hin und sie luden mich sofort ein, mich zu ihnen zu setzen. Einer bereitete einen „Stuhl“ für mich vor, mit irgendeinem runden Müll-Ding, das sie hier gefunden hatten, und legte mit viel liebevoller Mühe so etwas wie einen Lappen darüber. Sie waren gerade mit dem Kochen fertig und luden mich in ihren kleinen Schuppen ein, den sie für einige Zeit von einem „netten muslimischen Mann“ nutzen konnten. „Iss, iss!“, sagten sie mir und reichten mir etwas von dem Brot, welches sie in einer Pfanne auf dem Feuer zubereitet hatten. Auf dem Boden des Schuppens hatten sie einen alten Teppich ausgebreitet, den sie ebenfalls irgendwo gefunden hatten. Bevor sie den Schuppen betraten, zogen sie alle ihre Schuhe aus, um den Teppich nicht schmutzig zu machen, und nach dem Essen reinigten sie den Teppich von den Brotkrümeln. An diesem Tag lachten die meisten von ihnen viel und scherzten mit den anderen. Wenn einer von ihnen kein Englisch sprach oder verstand, übersetzten sie für ihn. Und sie brachten mir einige grundlegende Paschtu-Wörter bei. Viele Fragen über die Schweiz interessierten sie: Wie das Wetter dort sei, was Migrant*innen dort arbeiten würden, wie ich selbst lebe, mit wem ich lebe… Ein Mann in der Runde mit traurigem Blick sprach nichts. Er sass da, in eine Decke eingewickelt, dicht bei den beiden Männern neben ihm, damit er etwas Wärme erhielt. Die meisten der Männer hatten nur Turnschuhe an, während draußen Schnee lag. Einige hatten eine Decke um sich geschlungen.

Sie machten Witze über ein Casino und wie sie dort reich werden würden. Ich habe ihre Running Gags nicht verstanden. Später sagten sie mir, ich solle mit ihnen kommen: „Wir gehen ins Casino. Komm, komm, wir zeigen es dir.“ Also ging ich mit ihnen und erfuhr, dass „das Casino“ eine kleine Bar war, in welcher Menschen ihr Glück mit Wettspielen versuchen konnten. Für Menschen auf der Flucht war es ein Ort, an dem es warm war und wo sie sich ohne Konsumzwang aufhalten konnten. Die Gruppe junger Männer, die ich an diesem Tag getroffen habe, gehen jeden Tag dorthin, um sich aufzuwärmen.

Die Gruppe bestand insgesamt aus neun Männern. Sie sagten mir, sie seien alle Paschtunen, die aus Pakistan kämen. Sie hatten alle mehrmals „The Game“ (Überquerung der kroatisch-bosnischen Grenze) versucht und waren jedes Mal von der kroatischen Polizei zurückgedrängt worden. Zwei von ihnen haben es bereits bis nach Triest in Italien geschafft und wurden bis nach Bosnien zurückgeschafft.

Das letzte Versuch lag bei einigen von ihnen erst vier Tage zurück. Für den Weg zurück nach Bihać brauchten sie etwa 10 Stunden. Und das barfuss.

Von den neun Männern hatten nur noch zwei von ihnen ein Handy, alle anderen sind von der kroatischen Polizei zertrümmert worden. Über die bosnische Polizei sagten sie, diese sei „kein Problem“. Sie würden die Menschen auf der Flucht in Bihać bleiben lassen. Nur die kroatische Polizei sei ein großes Problem. Die Männer sagten, sie werden „The Game“ auf jeden Fall wieder versuchen, wenn der Schnee weg ist. Mit dem Schnee sei es zu kalt und er würde ihre Schritte verraten…“

Einige vom Migrant Solidarity Network sind derzeit in der bosnischen Stadt Bihać an der Grenze zu Kroatien. Willst du ein hilfreiches Zeichen gegen die Folgen von Abschottung, Überwachung, Pushbacks und Entmenschlichung setzen und dein Geld teilen für Nahrungsmittel, Kleider und Schuhe für (geflüchtete) Migrant*innen? Sie werden dein Geteiltes vor Ort zugänglich machen. Einzahlungen an das Konto von Bleiberecht Bern, IBAN: CH72 0900 0000 6024 4887 5 (Vermerk Bihać).


EN: „Some hundred metres away from the squat I saw some men crouching next to a small fire. I went to them and they instantly invited me to sit with them. One prepared a „chair“ for me with some round trash-thing they had found around and put something like a rag over it, with a lot of loving effort. They had just finished cooking and invited me to come to their little shed which they could use for some time from a „nice muslim man“. „Eat, eat.“, they told me, handing over some of the bred to take out the eggy-tomatoey food they had prepared in a pan on the fire. On the ground of the shed they had led an old carpet they had found somewhere. Before entering the shed, they all took off their shoes to not make the carpet dirty and after eating they cleaned the carpet from the breadcrumbs. This day, most of them were laughing a lot, joking with each other. If someone didn’t speak or understand English, they translated for him. And they taught me some basic Pashtu words. They had a lot of questions about Switzerland, how the weather was there, what migrant people would work there, how I lived, with whom I lived… One man in the round with a sad look did not speak. He was sitting there, wrapped up in a blanket, close to the two men next to him for being a little warmer. Most of them only had sneakers, while there was snow outside. Some were wrapped up in a blanket.

They were making jokes about a casino and how they would get rich there. I did not understand their running gags. Later they told me to come with them: „We’ll go to the casino. Come, come, we’ll show you.“ So I went with them and learned that „the casino“ was some small bar where people could go and play some casino gambling games. For people on the move it was a place inside where it was warm and where they could stay without a pressure to consume. They are going there every day to warm up.

There were in total nine men. They told me they were all Pashtus coming from Pakistan. They had all tried „the game“ several times and every time they had been pushbacked by the Croatian police. Two of them have already made it to Trieste, Italy and have been pushbacked all the way to Bosnia.

The last time some of them had tried to cross the Croatian-Bosnian border was only four days ago. The walk back to Bihać took them around 10 hours. Barefoot.

For the nine men they had only two cellphones left, all others had been crashed by the Croatian police. Talking about the Bosnian police, they said they were „no problem“. They would let them stay in Bihać. Only the Croatian police would be a huge problem. They said, they would try „the game“ again after the snow was gone. With the snow it’s too cold and it would show their steps…“

Some people of the Migrant Solidarity Network are currently in Bihać at the Bosnian-Croatian Border. Do you want to set a helpful sign against the consequences of isolation, surveillance, pushbacks and dehumanization and share your money for food, clothes and shoes for People on the move? They will make your shared accessible on the ground. Payments to the account of Bleiberecht Bern, IBAN: CH72 0900 0000 6024 4887 5. Note Bihać.


FR: „A quelques centaines de mètres de l’occupation, j’ai vu quelques hommes accroupis près d’un petit feu. Je me suis approché d’eux et ils m’ont immédiatement invité à m’asseoir avec eux. On m’a préparé une „chaise“, avec des déchets ronds qu’on avait trouvés ici, et avec beaucoup d’amour, on a mis quelque chose comme un chiffon dessus. Ils venaient de finir de cuisiner et m’ont invité dans leur petite cabane, dont ils avaient l’usage depuis quelque temps de la part d’un „gentil musulman“. Ils m’ont dit : „Mange, mange !“, en me donnant un peu du pain qu’ils avaient préparé dans une poêle sur le feu. Sur le sol de la remise, ils avaient étendu un vieux tapis qu’ils avaient également trouvé quelque part. Avant d’entrer dans la remise, ils ont tous enlevé leurs chaussures pour ne pas salir le tapis, et après avoir mangé, ils ont nettoyé le tapis des miettes de pain. Ce jour-là, la plupart d’entre eux ont beaucoup ri et ont plaisanté avec les autres. Si l’un d’entre eux ne parlait ou ne comprenait pas l’anglais, ils traduisaient pour lui. Et ils m’ont appris quelques mots de base en pachtou. De nombreuses questions sur la Suisse les ont intéressés : Comment était le temps là-bas, quels migrant.e.s y travailleraient, comment je vivais moi-même, avec qui je vivais… Un homme du groupe au regard triste n’a rien dit. Il s’est assis là, enveloppé dans une couverture, près des deux hommes à côté de lui, pour qu’il puisse se réchauffer. La plupart des hommes n’avaient que des baskets alors qu’il y avait de la neige dehors. Certains étaient enveloppés d’une couverture.

Ils ont fait des blagues sur un casino et sur la façon dont ils allaient s’y enrichir. Je n’ai pas compris leurs gags. Plus tard, ils m’ont dit de venir avec eux : „On va aller au casino. Viens, viens, on va te montrer“. Je suis donc allée avec eux et j’ai appris que „le casino“ était un petit bar où les gens pouvaient tenter leur chance avec des jeux de loterie. Pour les gens en fuite, c’était un endroit où il faisait chaud et où ils pouvaient traîner sans être obligés de consommer. Le groupe de jeunes hommes que j’ai rencontré ce jour-là y va tous les jours pour se réchauffer.

Le groupe était composé de neuf hommes au total. Ils m’ont dit qu’ils étaient tous des Pachtounes venus du Pakistan. Ils avaient tous essayé „The Game“ (traverser la frontière croato-bosniaque) à plusieurs reprises et avaient été repoussés à chaque fois par la police croate. Deux d’entre eux étaient déjà arrivés jusqu’à Trieste en Italie et avaient été repoussés jusqu’en Bosnie.

La dernière tentative a eu lieu il y a seulement quatre jours pour certains d’entre eux. Il leur a fallu environ 10 heures pour remarcher à Bihać. Et cela à pieds nus.

Sur les neuf hommes, seuls deux d’entre eux avaient encore un téléphone portable, tous les autres ont été démolis par la police croate. A propos de la police bosniaque, ils ont dit qu’elle n’était „pas un problème“. Ils laisseraient les personnes en fuite rester sur Bihać. Seule la police croate posait un gros problème, ont-ils dit. Les hommes ont dit qu’ils réessaieraient certainement „The Game“ quand la neige aura disparu. Avec la neige, disaient-ils, il faisait trop froid et cela trahissait leurs pas….“

Certains membres du Migrant Solidarity Network sont actuellement présents à Bihać à la frontière bosno-croate. Vous voulez mettre un signe utile contre les conséquences de l’isolement, de la surveillance, des pushbacks et de la déshumanisation et partager votre argent pour la nourriture, les vêtements et les chaussures des migrant.e.s (en fuite) ? Ils rendront votre partage accessible sur place. Versements sur le compte de Bleiberecht Bern, IBAN: CH72 0900 0000 6024 4887 5. Note Bihać.

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